Internet-Abofalle für Routenplaner – der Bundesgerichtshof (BGH) entschied mit Urteil vom 05.03.3014, Az. 2 StR 616/12: Wer eine Internet-Abofalle betreibt, macht sich wegen versuchten Betruges strafbar.
Was war geschehen?
Der Angeklagte betrieb verschiedene Internetseiten. Auf einer dieser Internetseiten wurde ein Routenplaner angeboten. Um den Routenplaner nutzen zu können, musste der User seinen Vornamen, seinen Familiennamen, seine Anschrift, seine E-Mail-Adresse und sein Geburtsdatum eingeben.
Für den User war dabei nur schwer zu erkennen, dass er ein kostenpflichtiges Abonnement abschloss: Der Klick auf den Button „Route berechnen“ führte nach einem am unteren Seitenrand am Ende eines mehrzeiligen Textes klein abgedruckten Hinweis zum Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements: Für 59,95 € erhielt der User eine dreimonatige Zugangsmöglichkeit zu dem Routenplaner. Je nach der Größe des Monitors und je nach der Bildschirmauflösung wurde dieser Fußnotentext erst nach vorherigem Scrollen sichtbar.
Nach Ablauf der Widerrufsfrist erhielt der User zunächst eine Zahlungsaufforderung. Später versandte der Angeklagte Zahlungserinnerungen. Einige Abofallen-Opfer erhielten zudem Schreiben von Rechtsanwälten, in denen ihnen für den Fall, dass sie weiterhin nicht zahlten, ein SCHUFA-Eintrag angedroht wurde.
Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 18.06.2012, Az. 5-27 KLs 12/08 wegen versuchten Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Revision ein.
Wie entschied der BGH?
Der BGH verwarf die Revision und bestätigte das Urteil des Landgerichts.
Durch die Gestaltung der Internetseite sei gezielt verschleiert worden, dass die angebotene Leistung kostenpflichtig war. Dies stelle eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB dar. Die Erkennbarkeit der Täuschung bei sorgfältiger Lektüre schließe die Strafbarkeit nicht aus. Die Täuschungshandlung sei gerade im Hinblick darauf unternommen worden, die bei einem – wenn auch nur geringeren – Teil der Benutzer vorhandene Unaufmerksamkeit oder Unerfahrenheit auszunutzen.
Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken). Die Richtlinie führe jedenfalls hier nicht zu einer Einschränkung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes.
Auch ein Vermögensschaden sei gegeben. Dieser Vermögensschaden liege in der Belastung mit einer bestehenden oder auch nur scheinbaren Verbindlichkeit. Die Gegenleistung in Form einer dreimonatigen Möglichkeit, den Routenplaner zu nutzen, sei für den Nutzer praktisch wertlos.
Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?
Seit dem 01.08.2012 gilt bei Online-Verträgen, die ein Unternehmer mit einem Verbraucher abschließt (B2C) die sogenannte „Button-Lösung“ mit dem neu eingefügten § 312g BGB. Das Urteil des LG Frankfurt und die Revisionsentscheidung des BGH betrafen einen Sachverhalt aus der Zeit davor. Allerdings gilt die Button-Lösung nicht bei Verträgen zwischen Unternehmern (B2B). Und diesen Umstand nutzen weiterhin Anbieter aus, um eiligen Usern kostenpflichtige Verträge unterzuschieben.
Die Ausführungen des BGH zur Täuschungshandlung durch die grafische Gestaltung der Benutzeroberfläche müssen unabhängig davon gelten, ob ein Verbraucher oder ein Unternehmer Opfer der Täuschung werden und in die Abofalle tappen sollte: Auch Opfer einer B2B-Abofalle haben mit dem BGH-Urteil vom 05.03.2014 eine weitere Argumentationsgrundlage gefunden, um sich gegen die Abzocke zu wehren.
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