Eine Abmahnung ist eingegangen – das ist ärgerlich genug. Die Abmahnung ist berechtigt – das ist noch ärgerlicher. Damit es nicht zu einem teuren Gerichtsverfahren kommt, sollte nun umgehend eine Unterlassungserklärung erstellt und der Gegenseite zugeschickt werden. Muss nun zusätzlich zu allem Ärger und zu allem Aufwand auch noch die gute alte Briefpost bemüht werden? Oder lässt sich der Aufwand nicht wenigstens verringern, indem die Unterlassungserklärung einfach per Fax oder per E-Mail übersandt wird? Nein!
Inhalt
Wozu eine Unterlassungserklärung?
Mit einer Abmahnung teilt der Absender dem Empfänger mit, dass dieser mit einem bestimmten Verhalten rechtswidrig in geschützte Interessen des Abmahnenden eingreift. Nach der ständigen Rechtsprechung ist mit dem Rechtsverstoß eine Wiederholungsgefahr verbunden: Es wird also vermutet, dass der abgemahnte es nicht bei einen einmaligen Rechtsverstoß belassen wird, sondern den Rechtsverstoß fortsetzen wird oder in der Zukunft wiederholen wird. Diese Wiederholungsgefahr wiederum wird nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung erst beseitigt, wenn der Abgemahnte eine ausreichend strafbewehrte Unterlassungserklärung – oder präzise: Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung – abgibt.
Was ist eine Unterlassungserklärung?
Eine Unterlassungserklärung besteht aus zwei Elementen: Zum einen verpflichtet sich der abgemahnte Unterlassungsschuldner, zukünftig ein bestimmtes Verhalten, das zu der Abmahnung den Anlass gab, zu unterlassen – das Unterlassungsversprechen. Zum anderen verpflichtet sich der Unterlassungsschuldner, an den Unterlassungsgläubiger einen bestimmten Geldbetrag – die Vertragsstrafe – zu zahlen, sollte er entgegen seinem Versprechen den Rechtsverstoß in der Zukunft doch noch einmal wiederholen: das Vertragsstrafeversprechen. In rechtlicher Hinsicht ist diese Unterlassungserklärung ein abstraktes Schuldanerkenntnis i.S.v. §§ 780, 781 BGB. Es handelt sich also um einen Vertrag zwischen dem abgemahnten Unterlassungsschuldner und dem abmahnenden Unterlassungsgläubiger.
Welche Formvorschriften gelten?
Nach §§ 780, 781 BGB ist zur Gültigkeit des Vertrages jeweils die schriftliche Erteilung der Erklärung erforderlich. Die Erklärung in elektronischer Form ist jeweils ausdrücklich ausgeschlossen.
Die Schriftform setzt nach § 126 Abs. 1 BGB voraus, dass die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird. Eine empfangsbedürftige Willenserklärung, für die die Schriftform Voraussetzung ist, wird nur dann wirksam, wenn die formgerecht errichtete Erklärung dem Erklärungsempfänger zugeht. Erforderlich ist also, dass das Original der Erklärung bei dem Empfänger ankommt. Eine solche empfangsbedürftige Willenserklärung ist auch die Unterlassungserklärung.
Ein Telefax ist aber kein Original, sondern lediglich eine Kopie, eine in elektronischer Form übersandte Fotokopie des Originals. Das gleiche gilt, wenn die Originalurkunde eingescannt wird und als Anhang einer E-Mail übersandt oder in eine E-Mail als Grafik eingefügt wird: Auch der Scan ist nur eine Kopie des Originals.
Gibt es Ausnahmen von dieser Formvorschrift?
Nach § 350 HGB finden die Formvorschriften der §§ 780, 781 BGB unter anderem auf ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntnis keine Anwendung, sofern auf der Seite des Schuldners um ein Handelsgeschäft vorliegt. Dies setzt also voraus, dass der Schuldner Kaufmann nach § 1 Abs. 1 HGB ist, also ein Handelsgewerbe nach §§ 1 Abs. 2, 2 HGB betreibt. Für Kleingewerbetreibende greift die Formerleichterung des § 350 HGB damit nicht.
Der Bundesgerichtshof entschied bereits mit Urteil vom 08.03.1990, Az. I ZR 116/88, zu dieser Ausnahmevorschrift – und wies zugleich die Gegen-Ausnahme auf: Demnach kann zwar eine Unterlassungserklärung per Fernschreiber unter Umständen geeignet sein, die Wiederholungsgefahr ausschließen. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn der Schuldner auf Verlangen des Gläubigers die Erklärung nicht schriftlich bestätigt.
Der Unterlassungsgläubiger kann also ungeachtet von § 350 HGB vom Unterlassungsschuldner verlangen, dass dieser die Schriftform einhält.
In der gleichen Weise entschied das Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 19.05.1993, Az. 6 W 1350/93 für die Übermittlung der Unterlassungserklärung per Fax.
Das Landgericht Düsseldorf erließ mit Beschluss vom 27.6.2013, Az. 14c O 99/13, eine einstweilige Verfügung gegen einen Händler, obwohl dieser eine Unterlassungserklärung gefaxt hatte. Wie die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers in ihrem Blog berichten, behauptete der Händler, mehrere Exemplare seiner Unterlassungserklärung zur Post gegeben zu haben. Freilich kam offenbar keine dieser Original-Unterlassungserklärungen an. Zusätzlich war nicht eindeutig, ob der Antragsgegner Kaufmann nach dem HGB war oder nicht.
Was bedeutet das alles für die Praxis?
Ist der Unterlassungsschuldner kein Kaufmann oder verlangt der Unterlassungsgläubiger die Unterlassungserklärung im Original, führt kein Weg an der Briefpost vorbei.
Die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf führt zusätzlich vor Augen, dass der Unterlassungsschuldner im Zweifel den Beweis erbringen muss, dass seine Unterlassungserklärung dem Unterlassungsgläubiger tatsächlich im Original zuging. Deswegen ist es riskant, die Unterlassungserklärung lediglich mit einfachen Brief zu übersenden. Vielmehr ist zu Nachweiszwecken erforderlich, dass die Unterlassungserklärung zumindest per Übergabe-Einschreiben, besser noch per Einschreiben mit Rückschein, verschickt wird. Nur so lässt sich nämlich im Zweifel der Nachweis erbringen, an welchem Tag genau die Unterlassungserklärung dem Unterlassungsgläubiger zuging.