Verstoß gegen Wettbewerbsrecht durch irreführende Werbung mit CE-Kennzeichnung – das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entschied mit Urteil vom 25.02.2016, Az. I-15 U 58/15: Zwar ist ein Hersteller gesetzlich verpflichtet, die CE-Erklärung abzugeben, so dass hierdurch nicht automatisch von einem Wettbewerbsverstoß ausgegangen werden könne, da er nur seine gesetzlichen Pflichten erfüllt. Die Werbeaussage „inkl. Netzteil: CE/TÜV/GS-geprüft“ ist jedoch irreführend, wenn mit dem CE-Kennzeichen in unmittelbarer Nähe zu einem „echten“ Prüfzertifikat, z.B. einem TÜV-Zertifikat, geworben wird.
Irreführende Werbung mit dem CE-Zeichen – worum geht es?
Als Kläger in dem Gerichtsverfahren trat ein Wettbewerbsverein auf. Die Beklagte bot im Internet einen Elektro-Wecker mit dem Hinweis
„CE/TÜV/GS-geprüft“
an. In dieser Art der Darstellung sah der Wettbewerbsverein eine Irreführung.
Wie entschied das OLG Düsseldorf über die Werbung mit dem CE-Kennzeichen?
Das OLG Düsseldorf gab dem klagenden Wettbewerbsverein recht. Die Art und Weise, mit der das CE-Kennzeichen in die Werbung eingefügt worden sei, sei eine irreführende geschäftliche Handlung nach § 5 Abs. 1 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG:
„Für die Bewertung als irreführend ist allein entscheidend, welche Vorstellung die Angabe beim verständigen Durchschnittsverbraucher hervorruft und ob dieser Eindruck mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Richtig i.S.v. § 5 UWG ist eine Angabe nur dann, wenn sie aus der Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen, situationsbedingt aufmerksamen Verbrauchers mit dem übereinstimmt, was die umworbenen Verkehrskreise ihr entnehmen (st. Rspr. des BGH, vgl. statt aller GRUR 2010, 936 Rn. 10 – Espressomaschine), wobei es auf den Gesamteindruck ankommt, den die Angabe nach dem (Text- oder graphischen) Zusammenhang, in den sie gestellt ist, vermittelt.“
Zwar bestehe eine gesetzliche Pflicht bestehe, das CE-Zeichen anzubringen. Alleine aus der Tatsache, dass auf das CE-Zeichen hingewiesen wird, könne also noch kein Verstoß gegen Wettbewerbsrecht abgeleitet werden:
„Zwar darf selbstverständlich nicht außer Acht gelassen werden, dass die Anbringung eines CE-Zeichens einer gesetzlichen Verpflichtung (hier: aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 ProdSG) entspricht.
Demzufolge darf allein aus der Anbringung des CE-Zeichens als solcher keine Irreführung unter dem Aspekt des ‚Werbens mit einer Selbstverständlichkeit‘ hergeleitet werden.“
Von dieser das „ob“ betreffenden Frage sei allerdings jene nach dem „wie“ der Kennzeichnung strikt zu unterscheiden:
„In Bezug auf die Art und Weise der Anbringung sind in Anbetracht der zuvor geschilderten gesteigerten Irreführungsgefahr im Zusammenhang mit dem CE-Zeichen höchste Anforderungen zu stellen. Der Hersteller bzw. Werbende hat tunlichst alles zu unterlassen, was über den rein gesetzlich geschuldeten Hinweis hinausgeht.
Zweifelsohne wird der Bereich der zulässigen Art und Weise der Anbringung des CE-Zeichens jedenfalls dann verlassen, wenn mit der ausdrücklichen Aussage ‚CE-geprüft‘ geworben wird.
Darüber hinaus ist nach Auffassung des Senats allerdings mit Blick auf die erwähnten besonderen Irreführungsgefahren jedwedes ‚Beiwerk‘ zur allein geforderten ’neutralen‘ Anbringung des CE-Zeichens zu unterlassen, das geeignet ist, irrige Vorstellungen des Durchschnittsverbrauchers betreffend die Natur des CE-Zeichens hervorzurufen bzw. noch zu verstärken.“
Die Vorgabe des Gerichts:
„Etwaige Werbehinweise auf das CE-Zeichen müssen vielmehr stets so erfolgen, dass die Suggestion einer Ähnlichkeit des CE-Zeichens mit echten Prüfsiegeln vermieden wird.“
Welche Auswirkung hat das Urteil auf die Praxis?
Wie so häufig steckt der Teufel im Detail: Zwar ist nach § 7 Abs. 2 Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) verboten, ein Produkt auf dem Markt bereitzustellen, das nicht mit der CE-Kennzeichnung versehen ist, obwohl eine Rechtsvorschrift ihre Anbringung vorschreibt. Nach § 7 Abs. 5 S. 1 ProdSiG muss die CE-Kennzeichnung angebracht werden, bevor das Produkt in den Verkehr gebracht wird.
Das CE-Kennzeichen ist indes eine reine Hersteller-Erklärung. Es setzt nicht voraus, dass das Gerät durch eine unabhängige Stelle überprüft wurde. Hierin unterscheidet sich das CE-Kennzeichen beispielsweise vom GS-Zeichen („Geprüfte Sicherheit“) oder von einem TÜV-Prüfzeichen.
Die Werbung mit Gütesiegeln und Prüfsiegeln ebenso wie die Werbung mit Testergebnissen beeinflusst die Verbraucher erheblich bei ihrer Kaufentscheidung. Niemand möchte Schrott kaufen, erst recht nicht, wenn der Händler in einer anderen Stadt sitzt und jede Reklamation zusätzlichen Aufwand bedeutet. Das Siegel einer neutralen Institution gibt ein Gefühl der Sicherheit. Dieses Gefühl der Sicherheit ist um so stärker, je mehr Prüfsiegel ein Gerät aufweist, je mehr neutrale Prüfungen das Gerät also bestanden hat. Wer mit einem „Prüfsiegel“ wirbt, das in Wahrheit keines ist, verschafft sich auf unlautere Weise einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber der Konkurrenz.
Beim CE-Kennzeichen lautet die Lösung: Abstand und Sprache. Abstand heißt: räumlicher Abstand zu GS-Zeichen, TÜV-Siegel oder anderen Prüfzertifikaten. Sprache heißt: Das Wort „geprüft“ oder gar das Wort „Prüfsiegel“ darf im Zusammenhang mit dem CE-Kennzeichen nicht erscheinen – weil es eben keine (neutrale) Prüfung voraussetzt.
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